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»Schwierige« Kleinkinder wer­den in ein­er neuen TV-Show wie Hunde mit Klick­geräuschen und „Leck­er­lies“ trainiert. RTL hat damit einen weit­eren Weg gefun­den, Men­schen bloßzustellen.

Kinder sind keine Hunde. Diese ein­fache Wahrheit sollte eigentlich ein­leucht­en. Doch RTL wäre nicht RTL, wenn der deutsche Pri­vat­sender nicht sog­ar diese Selb­stver­ständlichkeit in Frage stellen würde. In der neuen TV-Show (RTL beze­ich­net sie allen Ern­stes als „Doku“) „Train your baby like a dog – Die Hund-Kind-Meth­ode“ wer­den verzweifelte Eltern gezeigt, die eine „neue Erziehungsmeth­ode“ testen: Kinder sollen wie Hunde durch pos­i­tive Ver­stärkung „trainiert“ werden.

Die Hun­de­trainer­in Aurea Verebes wird für die Sendung die Kinder kon­di­tion­ieren. Aus­re­ichende päd­a­gogis­che Begleitung gibt es dabei nicht. Die noch unge­zo­ge­nen Kleinen mit Leck­ereien, Lob, oder Umar­mungen für braves Ver­hal­ten zu belohnen, klingt erst ein­mal klug. Dass Verebes aber ern­sthaft einen Klick­er aus einem Tier­train­ing-Fachgeschäft mit­bringt, um mit Klick­geräuschen junge Men­schen zu kon­di­tion­ieren, verur­sacht Kopf­schüt­teln. Die denkwürdi­ge Erk­lärung der Hun­de­trainer­in: „Der Klick­er ist im Grunde bei jed­er Spezies anwend­bar; bei jed­er Tier- oder Men­schenart.“ Menschenart?

Eben­so befremdlich wirkt es auch, wenn die Hun­de­trainer­in das Ver­hal­ten etwa der leb­haften Ayla mit dem von Hun­den ver­gle­icht, als wären sie im Grunde das­selbe. Man ist als Zuseher*in fast erle­ichtert, wenn die Kinder als „Leck­er­li“ Him­beeren und keine Knochen bekom­men. Das einzig wirk­lich Pos­i­tive, dass man bei all­dem noch find­en kön­nte: Es wird ver­mit­telt, dass Erziehung bess­er mit Beloh­nung und weniger mit Bestra­fung funktioniert.

RTL stellt Verzweiflung überforderter Eltern zur Schau

Man kann ja darüber disku­tieren, ob Tiere mehr Rechte bekom­men soll­ten, also gewis­ser­maßen ähn­lich­er den Men­schen behan­delt wer­den sollen. Aber dass Men­schen wie Tiere behan­delt wer­den, sollte im 21. Jahrhun­dert indiskutabel sein. Heute gilt: Men­schen besitzen eine unan­tast­bare Men­schen­würde. Dabei ist es egal, wie alt sie sind. Kinder im TV wie Tiere zu „trainieren“, beraubt sie dieser Würde. Dazu kommt, dass der Dschun­gel­camp-Sender mit der neuen Show scham­los die Verzwei­flung von über­forderten Eltern aus­nutzt, um sie öffentlich bloßzustellen – und dabei dreist so tut, als helfe er ihnen.

Auch wenn in der Sendung nicht expliz­it behauptet wird, dass Kinder wie Hunde sind: Der Titel und die Auf­machung des soge­nan­nten „Exper­i­ments“ assozi­ieren genau das. Es beste­ht auch kein Zweifel daran, dass RTL bewusst einen Skan­dal pro­duzieren wollte, um Wer­bung für die Sendung zu erre­ichen. Bes­timmte Lern­meth­o­d­en kön­nten bei Kindern freilich ähn­liche Effek­te erzie­len wie bei Hun­den. Dies zu erforschen, ist eine Sache. Kleinkinder in ein­er TV-Show wie Hunde darzustellen, eine ganz andere. Ein Vorschlag: Anstatt Kinder wie Tiere zu behan­deln, wie wäre es mit liebevoller, auf Respekt, Ver­ständ­nis und Zunei­gung basieren­der und vor allem men­schlich­er Erziehung?

Quellen:

RTL (2020): Hun­de­trainer­in Aurea Verebes will Kinder wie Hunde erziehen. Online unter: Train Your Baby Like A Dog – Die Hund-Kind-Meth­ode: Hun­de­trainer­in Aurea Verebes will Kinder wie Hunde erziehen | RTL.de

RTL (2020): Train Your Baby Like a Dog — Die Hund-Kind-Meth­ode. Online unter: Train Your Baby Like a Dog — Die Hund-Kind-Meth­ode — So | 03.01. | 19:05 | RTL.de

Rützel, Anja (2020): Mut­ter-Tochter-Beziehung mit Sig­nal­wort und Klick­er. Online unter: »Train Your Baby Like a Dog« bei RTL: Mut­ter-Tochter-Beziehung mit Sig­nal­wort und Klick­er — DER SPIEGEL

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