Da ist guter Rat teuer
In einer außerordentlichen Sitzung des Senats der Universität Salzburg wird über die Zukunft von Rektor Hendrik Lehnert entschieden. Ein anonymer Antrag auf Amtsenthebung war der Auslöser.
Endlich nähert sich das Jahr 2020 dem Ende zu. Vergessen kann man dieses Jahr sicher nicht so schnell, doch genauso anstrengend und kräftezehrend ist es für fast alle gewesen. Das Leben stand nicht still, nur weil es die Corona-Pandemie, Home-Office und „distant learning“ gab. Gerade die Paris-Lodron-Universität kann in diesem Jahr ein Lied davon singen.
Werfen wir den Blick zurück in Oktober 2019. Nach einem langen Bewerbungsverfahren und diversen Zwischenentscheiden wurde Professor Dr. Dr. h.c. Hendrik Lehnert nun offiziell als neuer Rektor der Uni Salzburg geführt. Die Monate gingen dahin. Im März 2020 kam schließlich Corona und die gesamten Türen der Bildungseinrichtungen blieben geschlossen. Alles wurde auf Online-Lehre umgestellt. Die erste Bewährungsprobe für Lehnert. Es stellte sich heraus, dass es noch Luft nach oben in der Infrastruktur der Uni gibt. Doch im selben Atemzug wurde ein neues Problem bekannt: die geplanten Umstrukturierungen an der Paris-Lodron-Universität.
Neue Fakultäten an Universität Salzburg geplant
Nach diesen Plänen sollen Fachbereiche zusammengelegt werden und zwei weitere Fakultäten entstehen. Das sind weitreichende Maßnahmen. Und dabei sollen diese nicht klar und direkt kommuniziert worden sein. Einige Fachbereiche fühlten sich überrumpelt. Die Vertreter*innen der Studentenschaft übten Kritik am Führungsstil des neuen Rektorats und erste Onlinepetitionen seitens Universitätsmitarbeiter*innen wurden gestartet, um Rektor Lehnert abzusetzen. Die Universität und der Rektor standen im Zentrum einer Welle an Kritik, die auch medial geführt wurde.
Die Lange schien sich zu entspannen, als der Sommer immer näher kam. Und mit dem Beginn des Wintersemesters wurde über die vorangegangenen Diskrepanzen kein Wort mehr verloren. In der Rückschau war das aber nur die Ruhe vor dem Sturm. Denn nun gibt es wieder Unruhen innerhalb der Universität. Diese fordern nun sogar die Abwahl von Rektor Lehnert.
Antrag auf Abwahl von Rektor Lehnert
Ein anonymer Antrag fordert auf 38 Seiten, dass Rektor Lehnert unverzüglich seinen Posten abgeben solle. Dabei geht es nicht nur um die erwähnten Umstrukturierungen. Es geht auch um Fehler im Haushalt. Vorwürfe der Unterschlagung und des vorsätzlichen Betruges stehen im Raum. Dieses Schreiben ist somit nicht mehr eine einfache Beschwerde. Hier schwebt das Strafgesetzbuch als Damoklesschwert über allen Beteiligten. Festzuhalten ist nur, dass noch nichts bewiesen ist.
Unisenatssitzung am 15. Dezember
Den Amtswegen der Universität folgend, wird, nach dem anonymen Antrag, eine Sitzung des Unisenats für den 15. Dezember einberufen. Darin werden sich zwei Dinge erweisen: wer den Antrag gestellt hat und ob Hendrik Lehnert sein Amt noch halten kann. Das Rektorat wird sich bis zum Ende dieser Sitzung nicht im Vorfeld äußern, sondern alles auf die Aufklärung dieses Ansuchens setzen. Es sind schwerwiegende Vorwürfe, die ein weiteres Mal nicht nur den Rektor ins Zentrum der Berichterstattung rücken.
Als zu den Umstrukturierungen Kritik am Führungsstil und der internen Kommunikation laut wurde und sich Onlinepetitionen formten, so wurden diese noch als „einzelne Stimmen“ abgetan – sogar von Lehnert selbst. Im August wurde in den Salzburger Nachrichten eine Stellungnahme von ihm veröffentlicht, in der er von einer “dezidierten Minderheit” sprach. Man müsse die gesamte Breite berücksichtigen und nach dieser wäre die Mehrheit der Universitätsmitarbeiter*innen mit dem Rektorat zufrieden, meinte Lehnert damals. Ob man diese aktuelle Lage nun mehr oder weniger selbst zu verschulden hat, das können nur die Verantwortlichen selbst beantworten.
Anonymer Antrag führt zu einer Verährtung der Fronten
Die Art und Weise des Vorbringens dieses Antrages ist aber gleichermaßen zu hinterfragen. Fehler der internen Kommunikation sind im Laufe diesen Jahres mehr als deutlich geworden. Und auch der Unmut einiger Gremien, Mitarbeiter*innen und der Studentenschaft ist ans Licht gekommen. Es hätte genug Klärungsbedarf gegeben. Löst man diese Situation nun, indem man anonym einen Antrag stellt und sogar noch mehr Anschuldigungen ins Feld führt? Dies ist angesichts der bereits angespannten Lage zu bezweifeln. Es wird eher auf eine Verhärtung der Fronten hinauslaufen. Diese könnten auch bestehen bleiben, wie auch immer die Sitzung des Senats ausgeht.
Mit Jahresbeginn 2021 hätte ohnehin über die Umstrukturierungen diskutiert und abgestimmt werden sollen. Die Zeit bis dahin hätte man für klärende Gespräche, Annährungen und Kompromisse nutzen können. Stattdessen wird das Feuer angefacht. Das schadet auf Dauer nicht nur dem Ansehen des Rektorates, sondern verschafft auch der gesamten Paris-Lodron-Universität negative Schlagzeilen. Bleibt Lehnert weiter im Amt, sind die Risse im gesamten Mauerwerk dennoch tief und womöglich nicht mehr zu kitten. Ruf und Fassade bröckeln. Jetzt ist guter Rat teuer…
Quellen:
ORF Salzburg (2020): Uni Salzburg: Amtsenthebung von Rektor beantragt. Online unter: https://salzburg.orf.at/stories/3079520/
unterhört! (2020): Neustrukturierung der Uni Salzburg / Blick ins Tiny House. Online unter: https://cba.fro.at/462898
Salzburger Nachrichten (2020): Stellungnahme von “Pro universitate”. Online unter: https://www.sn.at/leserforum/leserbrief/stellungnahme-von-pro-universitate-90764434/amp