Die britische Monarchie schmückt sich mit dem Adjektiv “konstitutionell” und hofft es würde ihr Dasein rechtfertigen. Doch die Königsfamilie hat heute wie damals noch eine unzeitgemäße Macht, die politische und soziale Angelegenheiten im Vereinigten Königreich und darüber hinaus beeinflusst. Ein Kommentar.
Als vermeintlicher Repräsentant kann Thronfolger Charles III. noch immer Minister, Berater und Kabinettsbeamte für die Krone ernennen und sogar anderen Ländern den Krieg erklären. Selbst neue Gesetzesentwürfe müssen dem Monarchen zur Unterschrift vorgelegt werden. Auch wenn alles der Zusage des amtierenden Premierminister bedarf, können Politik und die Königsfamilie Englands nicht unabhängig voneinander wahrgenommen werden.
Die Monarchie ist historisch verankert
Die lange Monarchiegeschichte Englands hat dem Land die symbolische Überlegenheit der Königsfamilie eingefleischt. Aufgrund dieser Denkart sind bei zeremoniellen Events — wie dem Begräbnis der verstorbenen Elisabeth II. — Arztpraxen, Suppenküchen und Obdachlosenunterkünfte aus Anteilname geschlossen geblieben. Es lässt sich vermuten, dass auch die Krönungszeremonie von Charles III. ähnliche Umstände für die hilfsbedürftige Bevölkerung kosten wird.
Das Geld, das durch die Popularität der Königsfamilie eingespielt wird, ist aber keine Wiedergutmachung für das britische Volk. Es werden Milliardenbeträge für die Instandhaltung von privaten Schlössern und Palästen verschwendet, die für die zahlende Öffentlichkeit nicht einmal zugänglich sind. Gerade jetzt, wo sich durch Inflation und Brexit jeder sechste britische Haushalt in finanziellen Schwierigkeiten befindet, wäre dieses Geld an anderer Stelle sinnvoller angesiedelt.
Königshaus besteht auf Kosten der Bevölkerung
Das Commonwealth war aber noch nie am Wohle der Allgemeinheit interessiert. Unter dem Deckmantel der Fortschrittlichkeit drang die Krone gewaltsam in Länder ein. Durch die monarchistische Machtstruktur konnten indigene Traditionen systematisch unterdrückt und Kulturen ausgelöscht bzw. assimiliert werden. Laut dem UNESCO Weltatlas der bedrohten Sprachen kämpfen 43% aller Sprachen ums Überleben, mehr als die Hälfte davon aufgrund der vermeintlichen kulturellen Überlegenheit von Englisch.
Der König hat gesellschaftliche Verantwortung zu tragen
Und ja, man kann Charles III. und die Überbleibsel der Königsfamilie für die Verbrechen ihrer Vorfahren verantwortlich machen. Die Kolonialzeit liegt nämlich längst nicht so weit zurück, wie man vielleicht denkt. Belize, Brunei und Simbabwe erlangten beispielsweise erst in den 80er Jahren ihre Unabhängigkeit von der monarchistischen Machtstruktur. Auch während Elisabeth II.s Herrschaft fanden noch blutige Auseinandersetzungen, wie der Falklandkrieg oder der Nordirlandkonflikt, im Namen der Krone statt.
Die gegenwärtigen Monarchen geben sich als ohnmächtige Repräsentanten, dennoch sind sie bemächtigt, Klassismus über Landesgrenzen hinweg weiterzuführen. Mit viel Prunk und wenig Eigenverantwortung tragen sie das Kostüm ihrer Ahnen auf. Das Ausmaß ihrer Macht ist nicht zeitgemäß und war nie wirklich vertretbar.
Quellen:
Shweta Sharma (2022): Heartbreakingly ironic — Outrage over food banks closing for Queen’s funeral. Online unter: https://www.independent.co.uk/news/uk/home-news/food-banks-uk-close-queen-elizabeth-funeral-b2166769.html
Kimani Njogu (2022): Wie der Kolonialismus die sprachliche Vielfalt bedroht. Online unter: https://www.goethe.de/prj/zei/de/art/22902448.html
Bild:
Foto von Vlada Karpovich von Pexels
Weiterlesen:
Franziska Jahn (2021): “Die Regierung lässt zu, dass unsere Zukunft zerstört wird.” Online unter: https://filesmagazin.com/politik/terrormiliz-boko-haram-bekennt-sich-zu-schuelerentfuehrungen-in-nigeria/
Maximilian Scheugenpflug (2020): “Wir sind sehr enttäuscht und wütend darüber, wie sich das Land verändert hat.” Online unter: https://filesmagazin.com/gesellschaft/the-2020-presidential-election/